Der „Blue Dollar“
- Lebenwelt Travel
- 9. Aug. 2023
- 3 Min. Lesezeit
Der „Blue Dollar“ ist eine informelle Bezeichnung für den Dollar-Preis auf dem Schwarzmarkt in Argentinien. Dieser Schwarzmarkt wird im Volksmund auch als „blauer Markt“ bezeichnet, so dass daraus der Name „Blue Dollar“ entstand. Argentinien hat die höchste Inflationsrate weltweit. Aufgrund vieler Faktoren wie Korruption und Misswirtschaft der Regierung, erleidet das Land eine kollabierende Wirtschaft. Der Argentinische Pesos ist quasi nichts wert, da er wegen der ökonomischen Umstände total instabil ist.
Für die Argentinier sind das unzumutbare Zustände. Täglich ändern sich die Preise für alle erdenklichen Güter – besonders bei Lebensmitteln zeigt die Inflation eine besorgniserregende Dimension. Obwohl wir in Argentinien viele Leute gut kennengelernt und mit ihnen auch offen über finanzielle Angelegenheiten geredet haben, haben wir keine zufriedenstellende Antwort darauf gefunden, wie die Menschen es schaffen mit diesen wirtschaftlichen Bedingungen umzugehen. Vielmehr haben viele darüber gelacht und gesagt, dass sie selber nicht wissen wie sie das bewältigen.
Was bedeutet die Inflation für mich als Reisenden?
Für Menschen mit einem europäischen oder amerikanischen Kontozugang ist die Inflation Argentiniens absolut irrelevant. Der Wechselkurs von EUR oder USD ändert sich wöchentlich merkenswert. Allerdings ist man mit einem europäischem oder amerikanischem Konto dank des „Blue Dollars“ dieser Dynamik nicht machtlos ausgesetzt, im Gegenteil.
In Argentinien gibt es einen offiziellen und einen inoffiziellen Wechselkurs von EUR und USD. Würde man Argentinien mit dem offiziellen Wechselkurs der Banken bereisen, kann man erahnen wie extrem teuer das Land für die Einheimischen ist und welche wirtschaftlichen Umstände die Menschen alltäglich bewältigen müssen.
Der inoffizielle Wechselkurs ist der „Blue Dollar“. Die Faustregel ist: er ist quasi immer doppelt so hoch wie der tagesaktuelle, offizielle Wechselkurs. Es ist verrückt. Dadurch wird Argentinien als Reiseland oder als Heimat zum Leben um ein Vielfaches günstiger. Wegen der Inflation kriegen einige Argentinier einen Teil ihres Gehalts in Pesos und USD ausgezahlt. Es ist auch vollkommen Standard, das teure Anschaffungen, die einen Wert von mehreren Tausend Dollar haben, in USD bezahlt werden und nicht in argentinischen Pesos.
Wie erhält man den „Blue Dollar“?
Wir haben zwei Möglichkeiten rausgefunden.
1). Man nimmt viel Bargeld nach Argentinien mit und tauscht das Geld an inoffiziellen Wechselstuben. Die erkennt man an den Menschen in den Innenstädten, die immer wieder „Cambio“ (Wechsel) rufen.
Diese Methode funktioniert, birgt aber große Risiken in sich. Man wird von der Straße in einen Laden oder irgendeine Hinterstube gebracht und wechselt dort sein Geld. Das ist schon ein wenig beklemmend und hat sich für uns immer stressig angefühlt, da wir die Leute nicht kannten und es um Hunderte Euro ging.
Dazu kommt die Gefahr von Falschgeld. Wir sind davon verschont geblieben, aber uns wurde immer wieder gesagt, dass Falschgeld im Umlauf ist. Als Europäer (und je nach Spanisch-Level) kann man dem leicht zum Opfer werden.
2) Die viel einfachere Lösung ist Western Union.
Wir wissen nicht genug über das Geschäftsmodell von Western Union, aber dieses Unternehmen wirkt irgendwie zwielichtig auf uns. Über Western Union erhält man den Blue Dollar-Wechselkurs. Man lädt sich ganz einfach die App herunter und schickt sich selbst von seinem europäischen oder amerikanischen Konto nach Argentinien die gewünschte Summe. Innerhalb von Sekunden kann man sich das Geld dann an einer beliebigen Western Union Filiale oder einem Western Union Vertreiber (kleine Läden mit Western Union Sticker markiert - oft in Verbindung mit „Pago Facil“) abholen. Fertig. Das einzige Hindernis: man sollte davor nachfragen, ob die gewünschte Menge an Pesos an der jeweiligen Filiale grade zur Verfügung steht.
Diese zwei beschriebenen Optionen den „Blue Dollar“-Wechselkurs zu erhalten, sind ein westliches Privileg, das die Menschen Vorort so nicht haben. In unserer Zeit haben wir wirklich tagtäglich riesige Menschenschlangen vor Bankautomaten gesehen – egal ob in der Stadt oder im Dorf. Nur Bares macht in Argentinien was her.
Durch den „Blue Dollar“ entkommt man der Inflation relativ gut. Unser erster „Blue Dollar“ Kurs lag bei 36.000 Pesos für 100€. Am Ende unserer Reise, gute drei Monate später, haben wir für 100€ schon 54.000 Pesos erhalten. Das ist einfach nur krass.
Viele Argentinier haben lachend und lächelnd erzählt, dass sie Krisen schon seit immer gewohnt sind und sich deshalb gar nicht mehr so sehr aufregen. Für uns ist diese Haltung unverständlich und bemerkenswert, da wir Geldsorgen immer mit existenziellen Krisen verbinden. „Tranquilo“ (ruhig) war ein Wort, das uns in diesem Zusammenhang immer wieder begegnete. Das ist etwas, was wir auf jeden Fall beherzigen möchten. Wir sind beeindruckt von den Leuten in Argentinien.
Mehr Infos gibt es unter: https://www.patagonline.com/de/dollar-blue-in-argentinien-fuer-tourismus-alles-was-man-wissen-muss/#:~:text=Um%20ihre%20Ersparnisse%20zu%20sch%C3%BCtzen,mit%20dem%20Codenamen%20%E2%80%9Eblau%E2%80%9C.
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